Die Kupferstiche wurden angeschafft vom Freundeskreis Stadtbibliothek und Stadtarchiv e.V.
Der 80jährige Krieg am Niederrhein - Die drei Kupferstiche von Hogenberg
von Adolf Kraßnigg
Verelendung am Niederrhein
Bei allen drei Kupferstichen sind die im Text dargestellten Szenarien datiert: 1595 (Gefecht bei Spellen), 1605 (Schlacht bei Mülheim) und 1606 (Belagerung Rheinbergs durch Spinola). Spätestens mit dem Gefecht auf der Spellener Heide begann auch am Niederrhein der 80jährige Krieg (1568 – 1648) zwischen Spanien und den niederländischen „Staaten“, den evangelischen Provinzen der Niederlande, in der heißen Phase zu wüten. Denn der Rhein und insbesondere der Niederrhein bildete für die Spanier einen logischen Anmarschweg für Truppen und Nachschub zur Zurückeroberung der niederländischen Kolonien.
Damit begann auch für die Städte, Ortschaften und Landstriche am Niederrhein eine schreckliche Zeit der Besatzungen, Belagerungen, Zerstörungen, Verheerungen, Plünderung und Morden – und insgesamt eine Zeit gewaltiger Verelendung.
Denn um diesen Anmarsch- und Nachschubweg zu sichern, besetzten die Spanier Zug um Zug die Städte und Dörfer am linken Niederrhein, um sie als Ausgangsbasis der Feldzüge gegen die „Staaten“ nutzen zu können. Wegen der Schwäche der Herzöge von „Cleve“ und der Uneinigkeit der Reichsstände stießen die Spanier kaum auf Widerstand. So wurden u.a. auch Dinslaken, Moers, Büderich, Holten, Orsoy, Rees und Emmerich im „spanischen Winter 1598/99“ besetzt. Eine wehrhafte Stadt wie Wesel entging der Besatzung nur durch die Zahlung von 100 Tausend Talern und 100 Scheffeln Korn! (https://de.wikipedia.org/wiki/Spanischer_Winter_1598/99)
Plünderung von Freund und Feind
Und vor allem die Besatzungen im spanischen Sold hausten in den Dörfern und Städten wie eine Pestilenz, egal, ob es sich um Freunde oder Feinde handelte. Die spanische Soldateska hielt sich grundsätzlich nicht an Verträge und Vereinbarungen. Denn die Söldner wurden von ihren Kriegsherrn kaum versorgt und noch weniger bezahlt. Die Truppen standen stets im Zustand einer latenten Meuterei. Um sich wenigsten ernähren zu können, plünderten die Söldner ihre Quartierstädte und deren Umgebung völlig aus. Wer sich dem entgegensetzte, wurde schlicht umgebracht.
Liest man die Quellen über die diversen Kriegszüge der Spanier in dieser Zeit, so gewinnt man den Eindruck, als sei oft genug das Hauptmotiv nicht einmal, die Niederländer zu schlagen, sondern die eigenen Truppen, die Quälgeister ganzer Regionen, heraus zu holen, Meutereien zu verhindern und ihnen andere Städte und Bezirke am Niederrhein zu Plünderung zu verschaffen. Der Krieg nährte sich aus dem Lande!
Natürlich konnten es die „Staaten“ nicht tatenlos zulassen, dass sich Spanien den Niederrhein zur Ausgangsbasis der Rückeroberung zurecht legte. Darum unternahmen sie immer wieder Kriegszüge, die sich auf beiden Seiten des Rheins bis tief in die spanische Einflusszone erstreckten. Es ist vor allem Prinz Moritz von Oranien, Sohn von Wilhelm I. von Oranien, dem Nassauer (Wilhelmus von Nassauen bin ich von deutschem Blut…), der immer wieder seine Truppen erfolgreich gegen die Spanier – und damit auch gegen die besetzten Städte am Niederrhein führt.
(https://de.wikipedia.org/wiki/Achtzigjähriger_Krieg) - https://de.wikipedia.org/wiki/Moritz_(Oranien)
Schicksal Rheinbergs
Was dieser Krieg für die Städte und Landschaften am Niederrhein wirklich bedeutete, das zeigt beispielhaft das Schicksal Rheinbergs. Zu dieser Zeit direkt am Rheinufer gelegen war die Stadt für die Erzbischöfe von Köln eine wichtige Zollstätte zur Erhebung des Rheinzolls. Aber bereits 1583 wurde die katholische Stadt vom holländischen Truppenführer Adolf von Neuenahr erobert und zu einer Festung ausgebaut. Mit dieser Eroberung durch die Niederländer wurde die Stadt bis 1633 insgesamt achtmal belagert, mit Kanonen beschossen und angestürmt.
Mindestens siebenmal musste sie dabei kapitulieren und jeweils spanische oder niederländische Besatzungen aufnehmen. Der Kupferstich von 1606 zeigt die Belagerung und Einnahme Rheinbergs durch den spanischen Generalleutnant Ambrosio Spinola. Erst mit der Rückeroberung durch Moritz von Oranien (1633) hörten diese Belagerungen auf. (https://de.wikipedia.org/wiki/Rheinberg#Geschichte)
Dinslaken
Auch Dinslaken ereilte das Schicksal vieler anderer Städte am Niederrhein. Mindestens fünfmal wechselten sich die Spanier und Niederländer in der Besatzung der Stadt und der Region ab.
„1586 wurde Dinslaken erstmals durch die katholischen Spanier besetzt. In der Zeit wurde der Dinslakener Drost, Johann von Altenbockum, durch die Spanier ermordet, als er in Wesel Verhandlungen führte.
Im September 1598, (diesen Feldzug nennt man heute den „spanischen Winter 1598/99), verschanzte sich der spanische Feldherr Mendoza mit 21.000 Fußsoldaten und 2500 Reitern in Walsum. Dinslaken kapitulierte und öffnete die Stadttore. Die Spanier verlangten Einquartierungen, Kriegssteuer und begingen Plünderungen und Gewalttaten, Adelssitze der Region werden zerstört. So auch Haus Götterswickerhamm, Endt, Wohnung.
Im Jahr 1614 eroberte der Feldherr Spinola Wesel und Dinslaken. 1623/24 nahm er die Stadt erneut mit zwei Kompanien (80-300 Soldaten) ein. 1629 vertrieben die calvinistischen Holländer die Spanier aus Dinslaken, im selben Jahr besetzten unter Führung des spanischen sowie des kaiserlichen Heers zwei Kompanien Italiener Dinslaken – die wiederum ernährt und untergebracht werden wollten.
Völlig verschuldet, verarmt und hungrig schloss die Stadt mit dem Kurfürsten von Brandenburg einen Vertrag, nach dem sie treue Untertanen seien wollen, wenn der
Landesherr ihnen von seinen Vorräten abgeben möge (nach Gisela Marzin, Stadtarchivarin)“.
Kupferstiche von Hogenberg
Von Dinslaken gibt es keine Stadtansicht Hogenbergs. Allerdings können wir bei der Belagerung der Stadt Rheinberg durch den spanischen Generalleutnant Spinola (1606) das rechte Rheinufer bei Götteswickerhamm identifizieren, das weithin mit Feldschanzen gesichert ist. Von dort aus werden Truppen zum Sturm auf Rheinberg über den Rhein mit Flussbooten transportiert.
Unsere drei Kupferstiche werden nun dem Kupferstecher und Maler Hogenberg zugeschrieben. Doch es gibt keine genauen Hinweise darauf, wer genau der Künstler gewesen ist, der die gezeigten Ereignisse „gestochen“ hat. Denn „Hogenberg Kupferstecher und Maler“ gab es im 16. und 17. Jahrhundert etliche in Köln und Umgebung.
Frans Hogenberg
Der wohl bekannteste war Frans Hogenberg. Seit 1564 baute er in Köln eine Werkstatt für Kupferstecher und Radierer auf. Dabei stammte er aus einer Familie von Glaubensflüchtlingen (aus München). Diese gehörte wohl der reformierten Kirche an, war also evangelisch. Im erzkatholischen Bistum Köln dürfte es eine Besonderheit gewesen sein, dass man ihn tolerierte und wirft wohl einen bezeichnenden Blick auf seine Fähigkeiten als Künstler und „Handwerker“ (eben Kupferstecher).
(https://de.wikipedia.org/wiki/Frans_Hogenberg)
Frans Hogenbergs berühmtestes Werk, das auch international eine große Resonanz hatte, dürfte „Civitates Orbis Terrarum“ gewesen sein. Hier werden im Druck mehr als 600 Stadtansichten und Stadtpläne gezeigt - „rund um die Welt“, wie man den lateinischen Titel locker übersetzen könnte. „Für unser Wissen über mittelalterliche Stadtstrukturen – vor den immensen Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges und barocker Umbauten – sind diese Stiche von Hogenberg einzigartig“ (ebd. Wikipedia). Im Dreißigjährigen Krieg ist davon viel zerstört worden. Doch Frans Hogenberg scheidet als Künstler für die unsere drei Kupferstiche aus. Denn er stirbt im Jahr 1590.
Abraham Hogenberg
Allerdings übernimmt wohl Abraham Hogenberg, mutmaßlich einer der Söhne, die Werkstatt. Abraham dürfte 1578 in Köln geboren worden sein und hatte ein für damalige Verhältnisse Methusalem langes Leben von 75 Jahren. Er war wohl auch schon spätestens seit 1590 als Kupferstecher und Kunstmaler, vielleicht sogar als Kunsthändler tätig. Von ihm sind auch ähnliche Werke wie unsere Kupferstiche bekannt. So etwa „Die Belagerung von Schenckenschanz durch die Spanier“ (1599) oder „Die Belagerung von Breda durch den spanischen General Spinola“ (1625).
(https://de.wikipedia.org/wiki/Abraham_Hogenberg)
Die Zeitspanne von 1595 bis 1606 wie auch die Motive unserer Kupferstiche passen also hervorragend in den Zeitraum der Tätigkeit von Abraham Hogenberg hinein. Auch die meisterhafte Ausführung der Szenearien bis in kleinste Details aller Motive, - z.B. der Uniformen und Bewaffnung der Landsknechte, die wahrlich in Miniatur erscheinen -, machen die Sorgfalt und die Talente des Sohnes von Meister Frans kenntlich.
Darum kann man wohl doch mit einiger Sicherheit als Schöpfer der drei nun im Dinslakener Archivbesitz befindliche Kupferstiche – Spende der Bürgerstiftung und Ankauf durch den Freundeskreis Stadtbibliothek und Stadtarchiv Dinslaken e.V. – Abraham Hogenbergs Werkstatt benennen.
Dennoch bleibt ein kleines bisschen Ungewissheit. „Im flämischen Mechelen und in Köln lebten im Mittelalter einige Personen mit dem Namen Hoog(h)enbergh, allesamt Kupferstecher oder Maler“ (ebd. Wikipedia – Frans Hogenberg). Und die Historiker sind sich offenbar nicht einig über die Verwandtschaftsverhältnisse der Hogenbergs.
Zudem können auch bestimmte Werke in ihren Datierungen und ihren Zuordnungen zu Abraham nicht stimmen (Abraham geboren 1578, aber sein ihm zugeschriebenes Werk „Turnier der Spanier in Brüssel 1569“ liegt zeitlich noch vor seiner mutmaßlichen Geburt!). Aber was ist schon Gewissheit gegen den Drang nach Forschung und Erkenntnis!
Werkstattarbeit
Die drei Kupferstiche aber sind Werkstattarbeit. Werkstatt deswegen, weil bei genauer Betrachtung erkennbar ist, dass wohl Teams in wechselnder Zusammensetzung an den Szenarien gearbeitet haben. Dieses Vorgehen ist zu allen Zeiten bei vielen Künstlern üblich gewesen. Die Auftragsarbeiten wurden vom Meister vorbereitet und von den Gesellen der Werkstatt mit unterschiedlichen Aufträgen ausgearbeitet.
Bei allen drei Kupferstichen ist die gemeinsame Handschrift der Werkstatt zu erkennen, aber auch, dass unterschiedliche „Teams“ an der Ausarbeitung beteiligt waren. Am leichtesten sieht auch der Laie die Unterschiede an den Beschriftungen der Städte und der Flüsse. Bei der „Schlacht bei Mülheim“ sieht man am Beispiel von „Duysbur“ eine reichhaltig ausschweifende Schrift vor allem bei den Großbuchstaben. Bei der Belagerung von Rheinberg hingegen wirkt die Schrifttype bei „Rheinberck“ fast nüchtern, klar und gerade. Im „Gefecht bei Spellen“ scheint die Schrift so ein Mittelding zwischen „Duysbur“ und „Rheinberck“ zu sein.
Und wer sich die Mühe macht mit einer Lupe die Textbeschriftungen unter den Radierungen zu betrachten, findet nicht nur deutliche Unterschiede bei der Schreibweise einzelner Buchstaben, zum Beispiel beim „u“ oder „tt“ statt „t“, sondern sieht insgesamt, dass hier unterschiedliche Schreiber am Werk waren. Wobei es schon bewundernswert ist, wie man mit dem Stichel auf einer Kupferplatte eine solch schöne, disziplinierte Schrift hinbekommt.
Ähnliche Unterschiede gibt es auch in den Zeichnungen selber. Ein einfacher Vergleich der Gestaltung der Rheinschiffe zeigt das. So sind bei der „Schlacht bei Mülheim“ etliche der Rheinschiffe mit schwungvoll-eleganten Rümpfen ausgearbeitet und dazu auch in Mast und Takelage bis in kleinste Einzelheiten. Die Boote und Schiffe bei den beiden anderen Kupferstichen wirken dagegen etwas grob und flüchtig.
Landsknechte
(Quelle u.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Landsknecht#Gesellschaftliche_Herkunft_und_Stellung)
Die demonstrative Gestaltung von Landsknechtsfiguren im Vordergrund der „Schlacht bei Mülheim“ (1605) ist überraschend. Es handelt sich geradezu um eine demonstrative Präsentation. Die acht Figuren sind die größten in der gesamten Szenerie und die einzigen, bei denen man die Bekleidung auch ohne Lupe ziemlich genau sehen kann. Und die Bekleidung der Söldner ist individuell und sehr verschieden dargestellt. Da muss man sich nur einmal die Hüte ansehen! Dazu kämen eigentlich noch schreiend bunte Farben von Wams und Pluderhosen im oft künstlich hergestellten Fetzenlook.
Der Begriff Landsknecht bezieht sich meist auf deutsche Söldner und die Landsknechtstruppen entwickelten sich vor allem seit Kaiser Maximilian I. Bei den Landsknechten handelte es sich oft um einfache Bauernsöhne, Handwerker und Gesellen und Kleinkriminelle, die sich von dem relativ hohen Sold und etwaigen Plünderungen Wohlstand erhofften, aber auch um junge Adelssöhne, die von der Erbfolge ausgeschlossen waren.Wegen ihrer disziplinierten Kampfesweise und Mutes waren sie bei allen Dienstherrn geschätzt und entwickelten fast so etwas wie ein Standesbewusstsein und einen Kriegskodex.
Vor allem die Truppen des Georg von Frundsberg, die nach den bitteren Erfahrungen mit den Schweizer Reisläufern und Gewalthaufen in Bewaffnung und Taktik weiter entwickelt waren, errangen im Auftrag Kaiser Maximilians I. bedeutende Siege gegen Franzosen und auch Schweizer Söldnertruppen. Das Verhalten der Landsknechte war von da an von wachsendem Selbstwertgefühl geprägt; sie setzten ihre Forderungen daher umso selbstbewusster auch gegenüber ihrem eigenen Dienstherrn durch, der auf ihren Gehorsam in der Schlacht angewiesen war.
Falsche Landsknechtsromantik hat es bis ins Liedgut der Bundeswehr geschafft. Noch 1970 musste ich beim Kompaniemarsch singen: „Vom Barette schwankt die Feder, wiegt und biegt im Winde sich; unser Wams aus Büffelleder ist zerfetzt von Hieb und Stich; ja Stich und Hieb und ein Lied, ja das muss ein Landsknecht haben“. An dieser Stelle sollte erwähnt werden: Die Lebensdauer eines Landsknechts war in der Regel ausgesprochen kurz.
Fußknechte in Uniform
Doch die Zeit der Landsknechte war um 1600 schon vorbei und es entwickelten sich immer mehr stehende Truppen, Fußknechte statt Landsknechte genannt, in der Regel mit Anführern aus dem Adelstand, mit uniformer Bekleidung und gedrilltem Gehorsam. Genau so etwas sehen wir in dem nur ein Jahr später datierten Geschehen bei der Belagerung von Rheinberg durch Spinola. Alle gezeigten Fußtruppen, ob Pikeniere oder Musketiere, scheinen eine Uniform ähnliche Bekleidung zu besitzen. Nur Spinola selber trägt einen üppig mit Federn geschmückten Hut. Und nur einer seiner berittenen Offiziere zeigt eine einzelne große, geschwungene Feder am Hut. Einige Unterführer und einige wenige Söldner der Fußtruppen leisten sich ebenfalls Feder, aber bedeutend kleinere als die hohen Offiziere. Die Hellebarde als Zeichen für Unterführer ist aber noch geblieben.
Das Gefecht bei Spellen - 2. September 1595
(Quelle u.a.: Webseiten der Stadt Wesel)
Spätestens mit dem Gefecht auf der Spellener Heide begann auch am Niederrhein der 80jährige Krieg zwischen Spanien und den niederländischen „Generalstaaten“ in der heißen Phase zu wüten (siehe Katalogtext S…. „Der 80jährige Krieg am Niederrhein“). Damit begann für die Städte, Ortschaften und Landstriche eine schreckliche Zeit der Besatzungen, Belagerungen, Zerstörungen, Verheerungen, Plünderung und Morden – und insgesamt eine Zeit gewaltiger Verelendung.
Der Kupferstich ähnelt einer illustrierten Zeitung, die in Text und Bild ein Geschehen darstellt. Das Gefechtsfeld ist eingegrenzt durch den Rhein, den Lippezufluss im Norden, die Hansestadt Wesel mit Rheinhafen, das bei Flüren angezeigte Feldlager des „Grafen Mauriti“ (Moritz von Oranien, Sohn von Wilhelm I. von Oranien - Nassau-Dillenburg), im Süd-Osten im Rheinbogen rechtsrheinisch gegenüber von „Rheinberck“ das Feldlager des „Königs“ (Philipp II. von Spanien, Kommandeur Feldobrist Mondragon, 91 Jahre) und dem Ort Spellen im Osten (oben im Kupferstich).
Büderich
Etwas südlich, auf der linken Rheinseite, findet sich kaum weniger bedeutsam hervor gehoben das Städtchen „Buirck“, das heute Büderich heißt. Die ausgeprägten Wehranlagen und womöglich zwei Kirchen zeigen, dass Büderich zur Zeit, als noch keine Brücke über den Rhein führte, einen bedeutender Posten auf dem linken Niederrhein darstellte.
Das Kriegsgeschehen
Spanische Truppen aus besetzten Städten des linken Niederrheins haben Weseler Kaufleute überfallen, teils schwer verwundet, einige entführt und die Waren geraubt. Dann zog der „Feldobrist“ Mondragon mit 6000 Fußsoldaten und 1200 Reitern an Wesel vorbei über die Lippe und lagerte bei Rheinberg. Ihm folgte Moritz von Oranien und schlug mit seinen niederländischen Truppen ein Lager bei Flüren auf.
In den Hinterhalt
In Moritz´ Auftrag überquerte eine Truppe von 520 Reitern ( nur 400 im Text erwähnt) am 2. September die Lippe bei Krudenburg. Sie stand unter dem Kommando des jungen Kriegshelden Graf Philipp von Nassau, Cousin von Moritz. Unter den Anführern befanden sich auch der Graf Ernst von Solms und Graf Ernst Casimir von Nassau. Sie sollten spanische Streifen und Fourageure (Fourage = Pferdefutter) überfallen. Doch sie geraten in einen Hinterhalt.
Eine starke Abteilung, die offenkundig aus dem Lager Mondragons kommt, attackiert in geschlossener Formation unter der Führung des katholischen Grafen Heinrich von dem Bergh eine gegnerische Truppe. Von dieser hält nur noch eine dünne Reihe Kavalleristen die Front gegen die Angreifer, während der größere Teil der Reiter sich bereits auf der Flucht über die Lippe befindet. Die Gefangennahme der Grafen von Solms und Nassau wird mit Text gekennzeichnet ist. Unterhalb des Reitergetümmels sehen wir die Gefangennahme von Ernst Casimir vermerkt. Philipp und Ernst von Solms erliegen im feindlichen Lager ihren schweren Verletzungen, Ernst Casimir wird unverletzt nach „Rheinberck“ verbracht und später ausgelöst. Die niederländische Truppe flieht über die Lippe in den Schutz der Truppen von Moritz von Oranien.
Mondragons Verluste
Der Leutnant des „Feldobristen“ Mondragon wird tödlich verwundet. Leutnant ist hier im Kommando der Spanier eine hohe Führungsposition. Auch einige der spanischen „Kapitäne“ (Hauptleute) ereilt der Tod auf dem Gefechtsfeld. Es wird im Beitext aber noch besonders erwähnt, dass Mondragon „gute Beute“ gemacht hat. Und das dürfte sogar der Hauptgrund seine Kriegszuges gewesen sein.
Die Schlacht bei Mülheim – 9. Oktober 1605
(Quellen u.a.: Wikipedia – Schwarzer Schwan)
Im Verlauf des 80jährigen Krieges (siehe Katalogtext S…) wurde am 9. Oktober die Schlacht bei Mülheim zwischen den spanischen Truppen des Generalleutnants Ambrosio Spinola und den niederländischen (staatischen) Truppen unter dem Kommando von Prinz Moritz von Oranien ausgetragen. Spinola hatte mit 20 Tausend Söldnern, darunter mindestens 800 Kürassieren (gepanzerte Reiter) an der Ruhrmündung zwischen Ruhrort und Duisburg beidseits des Rheins Lager bezogen. Der Tross dürfte mindestens dreimal so zahlreich sein wie die Truppe. Somit können wir ca. 80 Tausend Personen annehmen, die hier in und um Spinolas Lager versammelt sind. Von dort aus sandte er 8 Fähnlein (je ca. 400 Mann) und 800 Kürassiere nach Mülheim und Schloss Broich, um sie zu besetzen.
Prinz Moritz, der bei Wesel lagerte, griff diese spanischen Truppen am 9. Oktober mit 2000 Reitern, 2400 Fußsoldaten und 3 Kanonen an. Die Verluste der Schlacht waren hoch. Bei den Spaniern werden 500 Tote, bei den „staatischen“ Truppen 200 Tote vermerkt, dazu noch etliche Mülheimer Bürger.
Das Lager Spinolas - Schiffsflotte
Eine Brücke aus Auflegern über Flusskähnen verbindet beide Lagerteile. Die Brücke ist breit und tragfähig genug, um Pferdefuhrwerke und natürlich Reiter und Fußtruppen zu tragen. Über die Ruhr zum als Festung dargestellten Ruhrort führt eine „Fart“, eine Fähre, die an einem Seil befestigt sich allein durch das Fließen des Wassers bewegt.
Allen vorweg aber sticht die umfangreiche Flotte an großen, mittleren und kleinen Rheinschiffen und -booten ins Auge. Vor allem die Schiffe auf dem Rhein werden mit großer zeichnerischer Eleganz und Akribie bis in kleinste Details sichtbar gemacht – besonders der Dreimaster rechts der Brücke. Im Beitext wird die Rheinflotte ausdrücklich mit dem Buchstaben „B“ als „Marketender- und Proviantschiffe“ gekennzeichnet.
Redouten und Schanzen
Beide Lagerteile sind gegen die Landseiten mit offenen Schanzen (vorübergehend gebrauchte Feldbefestigungen) und Redouten (geschlossene Feldschanzen) geschützt. Redouten und Schanzen weisen auffällige spitze Winkelungen und Ecken auf. So will man die toten Winkel reduzieren und die Energie von Kanonenkugeln mindern. In der „großen und kleinen Schanz“ dürften Munition, Pulver Ersatzwaffen und andere wichtige Materialien lagern.
Landsknechte - Fähnlein
Auffällig ist die „Parade“ von insgesamt 8 Landsknechten unten links in der Zeichnung. Ihre sehr individuelle Bekleidung, die normalerweise schreiend bunt und oftmals künstlich gefetzt ist, unterscheidet sie von den „gewöhnlichen Fußknechten“. Ihre Bewaffnung wird mit Pike (Langspieß), Hellebarde und „Katzbalger“ (Kurzschwert, etwa 60cm) sichtbar gemacht. Die kleine Landsknechtsfigur, rechts bei den Kürassieren, trägt einen „Bidenhänder“ (Langschwert von 150 – 180 cm) blank über der Schulter. Doch die Zeit der selbstbewussten Landsknechttruppen ist vorbei. Sie werden zunehmend von stehenden Heeren mit Fußknechten in uniformer Bekleidung abgelöst.
Im rechtsrheinischen Lagerteil werden innerhalb und außerhalb der Schanzen geschlossene Haufen von Landsknechten gedrillt (Fähnlein, ca. 300-400 Mann mit Langspießen, umgeben von Landsknechten mit Arkebusen und Musketen). Ein Fähnlein wird von einem Hauptmann, einem Kriegsunternehmer, geführt, der die Soldaten selber angeworben hat.
Belagerung Rheinbergs durch Ambrosio Spinola, 2. Oktober 1606
Die Stadt Rheinberg lag im 16. Jahrhundert direkt am Rhein und war ein wichtiger Vorposten der Erzbischöfe von Köln mit dem Recht auf Zollerhebung. Ihre Lage am Rheinufer machte Rheinberg zu einer der bedeutendsten Städte am linken Niederrhein. Darum war sie besonders in der heißen Phase des 80jährigen Krieges am Niederrhein von Spaniern und Niederländern heiß umkämpft. Bis zum 17. Jahrhundert verlagerte der Rhein dann sein Flussbett ca. 2 km von der Stadt entfernt.
Nach der Eroberung der Stadt im Jahr 1583 durch den niederländischen Befehlshaber Graf Adolf von Neuenahr wurde die Stadt zur „Festung Bergh am Rhein“ umgebaut - einer Festung nach „altniederländischer Baumanier“ (Wikipedia). Alle Werke außerhalb der Stadtmauer bestanden überwiegend aus Erde und Erdwällen, da diese wesentlich besser einen Beschuss mit Kanonen widerstanden. Doch damit war Rheinberg zu einem militärischen Faktor geworden, an dem es für keine der Kriegsparteien einen Weg vorbei gab. Allein sieben Belagerungen musste die Stadt und Festung bis 1606 erleiden: So etwa 1590, 1598 und 1606 (Spinola) durch die Spanier, 1597 und 1601 durch Moritz von Oranien.
Der Kupferstich zeigt den Aufmarsch der im spanischen Sold stehenden Truppen des Generalleutnants Ambrosia Spinola am 2. Oktober 1606. Wir erkennen den großen Rheinbogen, den wir Dinslakener bei „Götteswickerham“ (linke Seite) verorten. Dort sehen wir Feldschanzen und und aufmarschierende Truppen, die mit Booten über den Rhein auf die Rheinberger Seite transportiert werden. Der Rheinbogen sah damals ganz anders aus als heute!
Der Truppenaufmarsch (Vordergrund) wird von M. Spinola persönlich geleitet. (M. für Marchese - Markgraf). Der Generalleutnant reitet vor dem Stab seiner Offiziere und wird durch zwei Unterführer der Fußtruppen flankiert. Das Erkennungszeichen aller Unterführer ist die Hellebarde, der Spieß mit Beil und Haken, der zu dieser Zeit als Truppenwaffe nicht mehr gebräuchlich ist.
Vor Spinola sammeln sich gleich mehrere Musketiereinheiten. Die schwere Muskete, ein Luntenschloss-Gewehr, wird im Gefecht auf eine Stützgabel aufgelegt. Die marschierenden Musketiere tragen die Muskete auf der Schulter und die Gewehrstütze gleichsam als Wanderstab. Fast alle Landsknechte sind zudem mit einem „Katzbalger“ an der Seite ausgerüstet, ein etwa 60cm langes Kurzschwert. Die marschierende Einheit links hinter den Musketieren ist mit Piken, Langspießen, bewaffnet, Standardwaffe bei den Landsknechten. Sie marschieren an einer Redoute vorbei, einer Feldbefestigung, die in der Regel mit zwei Feldgeschützen und einer starken Besatzung, zwischen 300 und 400 Mann, besetzt ist. Für den Nachschub der Truppen wird durch unter Segeln stehende Lastkähnen und Rheinboote gesorgt.
Das Elend der Belagerung wird im Text unter der Zeichnung deutlich. In verständlicher Übertragung heißt es: Zwar war Rheinberg mit Truppen und Versorgung gut ausgestattet,widersetzte sich sehr und fügte dem Feind durch Ausfälle und Stürme starke Verluste zu. Aber dennoch wurde die Stadt so stark beschossen, dass man Schlimmes zu erwarten hatte. Verwundete, Kranke, Frauen, Alte und Kinder riefen weinend Tag und Nacht, dass man endlich übergeben solle, ehe man nicht nur Hab und Gut, sondern auch das Leben verliere. Das hat die Kriegsleute ins Herz getroffen und sie zu einer Übergabevereinbarung mit Spinola gezwungen.